Die Bankenbranche hat seit der Finanzkrise einen erheblichen Vertrauensschwund erlebt. Plumpe Werbebotschaften kommen vor diesem Hintergrund in der Öffentlichkeit nicht mehr gut an. Folglich kann der Umweg über das Content Marketing dabei helfen, das angekratzte Image aufzupolieren.
Die meisten Bankhäuser sind allerdings sehr konservativ. So auch die Hypovereinsbank (HVB), Tochter des italienischen Finanzkonzerns Unicredit, die lange Zeit vor allem Kundenmagazine für verschiedene Zielgruppen (Immobilien, Private Banking etc.) herausgegeben hat. „Content Marketing ist das zentrale Thema“, verkündete der Konzern dann jedoch im März 2014. „Die Bank ist dabei, sich komplett umzupositionieren.“
Sichtbarste Ergebnisse dieser Neuorientierung sind bisher zwei Corporate Blogs. Bei dem auf der HVB-Website eingebetteten „HVB-Blog“ handelt es sich bei genauerer Betrachtung um ein Online-Magazin für Privatkunden, das mit einem Mix aus Ratgeber-, Kultur- und Wirtschafts“journalismus“ aufwartet. In den Rubriken „Finanzwissen“ und „Service“ finden sich Tipps für Jüngere („Endlich alleine wohnen: Mit diesen Kosten müssen Sie rechnen“), für Eltern („Richtig investieren für Kinder“) und für alle Menschen, die soziale Verantwortung tragen wollen („Enkeltrick: Mit diesen 5 Tipps schützen Sie Ihre ganze Familie“). Bei den „HVB Insights“ betreibt das Bankhaus vor allem Eigenwerbung.
Hinter dem Reiter „Kultur“ verbergen sich Besprechungen von Ausstellungen, und die Rubrik „Unternehmer und Gründer“ preist die „besten Startup-Standorte Deutschlands“ an. In Summe präsentiert sich ein gediegen-seriöses, mithin bankentypisches Magazin, das die überlegte und ruhige Hand bei Geldgeschäften, dynamischen Unternehmergeist und oben drauf ein bisschen Kultur propagiert. Als journalistisches Verpackungsmaterial dienen Features, Porträts und Verbrauchertipps.
Nicht immer echte Profis am Werk
Deutlich dilettantischer wirkt das zweite Blog/Magazin der Hypovereinsbank auf ihrem Anlegerportal One Markets. Bei der noch relativ jungen Website ist nur die Rubrik „Magazin“ vollgepackt mit Inhalten – allerdings in erster Linie mit Werbetexten für HVB-Zertifikate, -Futures, -Optionen und so genannte Open-End-Turbos. Dies wird allerdings meist nur auf den zweiten Blick ersichtlich. In den anderen Rubriken geben Trader tagesaktuelle Einschätzungen über die Entwicklungen des Dax- und Dow-Jones-Index. Die News tröpfeln allerdings eher daher. Könnte das Blog mit einer größeren Informationsdichte aufwarten, würde es sicher in Konkurrenz stehen zu journalistisch angehauchten Portalen wie www.finanzen.net oder www.boerse-online.de, wo die HVB übrigens einen Link zu ihrem Blog per Anzeige in die Homepage integriert hat.
Die französische Targobank mit ihren immerhin vier Millionen Kunden in Deutschland folgt der Philosophie, dass sich Banken heute anders positionieren müssen, und versucht, dies auf der eigenen Website www.so-geht-bank-heute.de umzusetzen. Die Targobank gibt sich klar als Absender zu erkennen, verhält sich aber nicht immer bankentypisch. Zwar gibt es auch jede Menge Tipps für die Finanzanlage und Versicherungspolicen, doch das Online-Magazin führt auch in die Arbeitswelt 4.0 ein, empfiehlt die Grippeschutz-Impfung und singt das hohe Lied auf das Ehrenamt.
Die Targobank nimmt vor allem aber auch „Echte Träume“ ins Visier, „Träume, die uns nachts wachliegen lassen“ – zu deren Verwirklichung sie natürlich aufrufen und ertüchtigen möchte, so auch mit einem Video. „Wann sind unsere Träume eigentlich kleiner geworden als wir selbst“, fragt die Bank in dem Kurzfilm, in dem die hochtrabenden Zukunftsvorstellungen von Kindern („Harry-Potter-Schauspieler werden!“) gegengeschnitten werden zu den äußerst praktischen Wünschen von Erwachsenen („Einbauschrank anschaffen“). Ganz klar, die Bank steht auf der Seite der sympathischen Idealisten, die endlich mal in Buenos Aires Tango tanzen wollen, und ruft ihnen zu: „Lebe Deine Träume“. Solange die Kreditlinie denn reicht.
Und die öffentlichen Institute? Auch sie entdecken langsam aber sicher das Content Marketing für sich. Zum Slogan „Wenn’s ums Geld geht, Sparkasse!“ stellt sich die Melodie des Werbejingles ganz schnell im Kopf ein. Auf den Gassenhauer aus dem Jahr 1963 werden die Sparkassen auch künftig nicht verzichten, wohl aber auf Werbung. So hat der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) für 2016 angekündigt, seine Kommunikationsarbeit ausschließlich auf die Marke und nicht auf Produkte auszurichten.
Dabei wird laut „Werben & Verkaufen“ in diesem Rahmen auch ein 1,5 Mio. Euro schwerer Etat für Content Marketing eingerichtet – gespart wird dafür bei den Werbeanzeigen in Tageszeitungen. Auf ihren Online-Plattformen wollen die Sparkassen Informationen für Menschen in besonderen Lebenssituationen bieten – zum Beispiel, wenn sie ein Auto kaufen wollen, heiraten und eine Familie gründen, ein Haus bauen oder eine Firma aufbauen wollen. Die Konkurrenz ist auf diesen Feldern enorm, doch die Sparkasse scheint darauf zu hoffen, sich mit ihrem guten Namen durchzusetzen.
© Die Zweite Aufklärung 2016 (Titelbild: HVB/Unicredit)
No Comment