23.2.2013 – „Das gute Leben“ hat sich in der links-alternativen Szene als Begriff etabliert für ein Lebensmodell in sozialer und ökologischer Verantwortung, jenseits von Glücksversprechen der Konsumgesellschaft. Dr. Ute Scheub, Mitbegründerin der taz und mehrfach preisgekrönte Publizistin, hat das Thema beim 14. Salon-Abend der Zweiten Aufklärung am 22.2.2013 von der praktischen Seite aufgegriffen und Möglichkeiten vorgestellt, wie man sich mit konkreten Veränderungen im eigenen Leben für eine andere Gesellschaft einsetzen kann.
Ute Scheubs Überlegungen setzen an bei der Erkenntnis: Das Zufriedenheitsgefühl der Menschen steigt nicht parallel zum wachsenden Bruttoinlandsprodukt an, im Gegenteil ist es in Deutschland in den letzten 20 Jahren eher rückläufig. Dies ergeben einschlägige Umfragen und Rankings. Wenn man sich nur mit reicheren Mitmenschen vergleicht und sich in einer Statustretmühle abmüht, materiell voranzukommen, fördert dies Neid und Misstrauen und kann zu Stress bin hin zu Depressionen und Burnout führen. „Wir brauchen Landschaften der Gleichheit, meinetwegen mit kleinen Hügeln“, fordert Ute Scheub stattdessen. Ihrer Ansicht nach führt der Weg zum Glück über den Altruismus, die täglich gelebte Koooperation mit den Mitmenschen und die bewusste „Demonetarisierung“ des Lebens.
Zahlreiche schon bestehende Projekte führt sie an: Tauschbörsen und Schenk-ökonomie wie in öffentlichen „Give Boxes“, den Allmende-Gedanken für die gemeinsame Nutzung von Gemeingütern unabhängig vom Besitz-denken, Face-to-Face-Credits anstelle von Bankgeschäften, Transition Towns und gemeinschaftliches Urban Gardening. Zusammen mit anderen hat Ute Scheub diese Beispiele und viele mehr für den „Zukunftsallmanach“ der Stiftung Futur Zwei zusammengetragen. Allerdings hat Scheub auch die Erfahrung gemacht, wie schwierig es ist, solche „lustvollen Vorbilder“ in den Medien zu platzieren, auf dass sie öffentliche Strahlkraft gewinnen können.
An den lebhaften Vortrag schloss sich eine ebenso lebendige Diskussion an. Wie kann es gelingen, die vielen positiven Einzelprojekte zu einem gesamtgesellschaftlichen Gegenmodell zu verknüpfen? Warum ist die Erkenntnis so wenig in den Köpfen und Herzen der Menschen verankert, dass ab einem bestimmten Wohlstandslevel glückliche soziale Beziehungen viel wertvoller sind als noch mehr Geld? Welche sozialen und politischen Voraussetzungen sind erforderlich, um die kooperativen Wesenszüge des Menschen anstelle des egoistisch-materiellen „homo oeconomicus“ zu fördern? Überlegungen, die die grundsätzliche Systemfrage aufwerfen – und die sich im Grundgedanken der Zweiten Aufklärung wiederfinden: Ein gutes Leben in Selbstentfaltung und Mündigkeit zu führen, ohne sich dem vorherrschenden wirtschaftlichen Mainstream zu unterwerfen. AF
© 2013 Die Zweite Aufklärung